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Neuer Impfstoff Novavax-Nachfrage geringer als gedacht: Floppt der Hoffnungsträger?

Den Impfstoff Novavax gibt es nun auch in Deutschland
Der Impfstoff des Pharamherstellers Novavax ist seit Ende Februar in Deutschland verfügbar.
© Moritz Frankenberg / DPA
Novavax könnte die Wende in der stockenden Impfkampagne sein. Seit einigen Tagen ist der Impfstoff in Deutschland verfügbar. Doch der große Run bleibt bisher aus.

Neuen Schwung – den wünscht sich die Bundesregierung bei der Impfkampagne, denn der Fortschritt geht zurück. Für Dienstag meldete das Robert Koch-Institut etwas mehr als 100.000 verabreichte Dosen. Eine Woche zuvor waren es rund 50.000 mehr. Damit sind 75,5 Prozent der deutschen Bevölkerung doppelt geimpft. Eine Auffrischung haben derweil 57 Prozent erhalten.

Um das Virus effektiv zu bekämpfen, bedarf es jedoch einer höheren Impfquote. Darin sind sich Gesundheitsexperten einig, auch wenn Omikron offenbar ein geringeres Risiko für schwere Verläufe und eine Überlastung des Gesundheitswesens mit sich bringt.

Doch der Chef des Corona-Krisenstabes, Generalleutnant Carsten Breuer, zeigt sich optimistisch. Vor allem deshalb, weil in Deutschland seit Ende Februar ein neuer Impfstoff bereitsteht. "Wir haben mit dem Novavax-Impfstoff jetzt sicher noch einmal eine neue Möglichkeit diejenigen von einer Impfung zu überzeugen, die sich bislang gegen mRNA-Impfstoffe entschieden haben", sagte Breuer der "Wirtschaftswoche".

Laut Impfdashboard sind gegenwärtig fast 24 Prozent der deutschen Bevölkerung ungeimpft. Allerdings ist für gut fünf Prozent davon noch kein Impfstoff zugelassen, weil sie vier Jahre oder jünger sind. Gut 19 Prozent zählen demnach zu den Impfskeptikern oder -zögerern, die es zu überzeugen gilt.

Ist der neue Impfstoff wirklich eine Alternative?

Mit dem neuen Wirkstoff könnte die Regierung einen Trumpf im Ärmel haben. Nuvaxovid des Pharmaherstellers Novavax ist ein Proteinimpfstoff, der unter Impfskeptikern als bewährt gilt. Viele haben Bedenken gegen neue Impftechnologien zu denen die Vektor- und mRNA-Vakzine zählen. Umfragen bestätigen das. So gaben Ungeimpfte in der Cosmo-Studie Ende 2021 an, klassischen Impfstoffen mehr zu vertrauen und daher eher für eine Impfung bereit zu sein.

Die ersten Lieferungen des Impfstoffs sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vergangenen Donnerstag bei der Bundeswehr im niedersächsischen Quakenbrück eingetroffen. Am Freitag begann die Auslieferung an die Länder. Allerdings hatten sich die Gesundheitsminister dafür ausgesprochen, den Wirkstoff zunächst medizinischem Personal zu verabreichen, weil ab Mitte März eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt. Zwar wurde der Impfstoff am Wochenende teilweise auch nicht priorisierten Menschen gespritzt. An die Praxen wurde der neue Impfstoff nach Angaben des Deutschen Hausärzteverbandes aber bislang noch nicht geliefert.

Doch auch wenn es soweit sein sollte: Der erhoffte Impf-Boom könnte nach Einschätzung des Verbandes ausbleiben. "In den Praxen gibt es bislang nur vereinzelte Nachfragen von Patientinnen und Patienten zu dem Novavax-Impfstoff", sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Nach aktuellem Stand ist es zumindest fraglich, ob der neue Impfstoff zu einer signifikanten Steigerung der Impfquoten führt."

Das überrascht, bekundeten Impfskeptiker doch stets, sich gegen das Coronavirus impfen lassen zu wollen, sobald es eine Alternative zu den bisher vorhandenen Impfstoffen gebe. Dass sich der Ansturm auf die Praxen anders entwickelt als erhofft, lässt vermuten, dass es vielen Menschen gar nicht um das Herstellungsverfahren der Impfstoffe geht. Tatsächlich könnten die Beteuerungen lediglich eine Ausrede gewesen sein, um die Impfung zu umgehen.

Alte Probleme bleiben

"Wer sich bisher nicht hat impfen lassen, ist natürlich auch nur schwer zu überzeugen", sagte auch Verbandschef Weigeldt, um gleich darauf ein altbekanntes Problem zu benennen: "Es ist offensichtlich, dass es für diese Menschen eine andere Art der Ansprache braucht." Die aktuelle Kommunikationskampagne mit den bekannten Slogans erreiche sie nicht. Dabei hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erst im Januar die Kampagne "Impfen hilft" vorgestellt – ein 38 Millionen Euro teures Projekt, das dem erhofften Nutzen bisher nicht Rechnung trägt. Seitdem hat sich die Impfquote kaum verändert.

Um die impfskeptischen Gruppen zu erreichen, plant der Corona-Krisenstab nach Aussagen von Generalleutnant Breuer nun eine möglichst einheitliche Informationskampagne. Damit soll das ursprünglich für Ende Januar anvisierte Ziel erreicht werden, 80 Prozent der Bevölkerung zu immunisieren. Neuer Stichtag ist Anfang April, bis dahin sollen weitere 30 Millionen Impfungen verabreicht worden sein, sagte Breuer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Bleibt am Ende nur eine Impfpflicht, um das Problem zu lösen? Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ist definitiv dafür. "Impfen ist der einzige Weg, um dauerhaft aus der Pandemie zu kommen", sagte er der "Bild am Sonntag". Es werde aber "immer schwieriger, die Menschen zu erreichen, die bis jetzt nicht geimpft sind".

Über die Impfpflicht soll das Parlement ohne Fraktionszwang entscheiden. Doch über die Ausgestaltung ist man sich noch uneins. Skeptisch äußert sich vor allem die FDP. Über die bislang vorgelegten Anträge soll der Bundestag erstmals am 17. März debattieren, eine Entscheidung Ende März oder Anfang April fallen. Möglich, dass die Impfkampagne dann neuen Schwung gewinnt.

Quellen:Bundesgesundheitsministerium, "Apotheken Umschau", Deutschlandfunk, Redaktionsnetzwerk Deutschland, mit Material von DPA und AFP

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